ein Artikel über Wahrnehmung, Identität, Kommunikation und Authentizität
17.08.2020

Werte und Authentizität als Erfolgsfaktoren? Ja! Gerade in Krisenzeiten, in Zeiten von Unsicherheit und Bedrohung suchen wir, privat wie beruflich, Sicherheit und Vertrautheit. Jetzt kommt es darauf an, in der Verbindung zu Kunden, Geschäftspartnern und vor allem Mitarbeitern Identität zu zeigen, diese zu pflegen und nach außen zu tragen. Einige Gedanken dazu, die auch in einer Welt nach Covid-19 Bestand haben werden.

Gemeinsame Ziele verfolgen. Dauerhafte Verbindungen aufbauen und erhalten. Kooperation leben, Energie bündeln, Potenziale gemeinsamen Handelns heben. Wo liegen die Geheimnisse erfolgreicher Zusammenarbeit, und was macht den Unterschied aus zwischen fruchtbar und furchtbar? Wie bei diesen beiden konträren Worten ist es möglicherweise nur eine Kleinigkeit.

Ich möchte im Folgenden die nach meiner Erfahrung vier wesentlichen Grundpfeiler produktiver, wertschätzender und nachhaltig gut funktionierender Partnerschaften im beruflichen Umfeld beschreiben. Wie immer gilt: Es handelt sich um keine Doktrin; nicht alles wird auf Ihre Situation oder auf jedes berufliche oder private Umfeld passen. Picken Sie sich einfach heraus, was für Sie passt und lassen Sie den Rest links liegen. Aber Sie werden in jedem Fall sinnvolle Anregungen finden.

Wahrnehmung

Wir alle kennen diesen Typ Mensch, dessen Standpunkt auch gleichzeitig sein Horizont ist und der bei jedem Austausch, so er denn überhaupt stattfindet, spüren lässt: Was ich sage, tue, denke und meine ist wichtig; der Rest (der Welt) ist es nicht. Es gibt reichlich Beispiele in der Geschichte, dass solche Menschen durchaus erfolgreich sein können – meist allerdings begleitet vom Leiden Vieler und überschattet von Diktatorischem oder Autokratischem, begleitet von Unterdrückung und flankiert von Kollateralschäden.

Die sozioökonomischen Bedingungen, in denen diese Art der Herrschaft über Unternehmen und Menschen gedeihen konnten, sind gottlob selten geworden – ganz verschwinden werden sie wohl nie. Aber wer weiß? Wer hätte gedacht, dass ein YouTuber mit einem einzigen Video den Ausgang der Europawahl beeinflussen kann? Dass Präsidenten die Welt mit ignoranten Tweets erschüttern? Dass Webseiten Plattformen für Marketing und Beeinflussung werden, dass Social Media und Informationssammlung Machtfaktoren würden? Information und Transparenz sind in ihrer allgegenwärtigen Form Fluch und Segen zugleich. Die persönliche Wahrnehmung der Welt, der Umstände, der Situation ist Ausschlag gebend für Wohl und Wehe all meiner Unternehmungen.

Um nachhaltig erfolgreich zu sein, ist Wahrnehmung ohnehin von essenzieller Bedeutung. Aber es geht nicht nur darum, nach vorn und außen zu schauen. Als Manager, Macher, Führungsverantwortlicher muss ich auch all diejenigen bewusst wahrnehmen, für die ich in meiner Aufgabe und Funktion Verantwortung übernommen habe! Empathie ist der Schlüssel zum Erfolg: Zeigen Sie Ihren Mitarbeitern und Kollegen, Ihren Kunden und Partnern, dass Sie ein echtes Interesse an Ihnen hegen, ein Interesse, das über Kennzahlen und Leistungsindikatoren, über Prozentwerte und den ROI hinaus geht. Erkennen Sie Bedürfnisse und Ängste Ihres Gegenübers, Befürchtungen und Hoffnungen, vor allem aber: Erforschen Sie sich Selbst. Verschwenden Sie keine Zeit mit aufgesetztem, vorgeschobenen Interesse und geheuchelter Aufmerksamkeit. Empathie und Authentizität stellen im Kern den Garant dar für dauerhafte, stabile und fruchtbare Beziehungen.

Warum aber ist das so? Wir alle kennen das „Beziehung-vor-Inhalt“-Ding. Wie in einer Verhandlung, einem Workshop oder einer produktiven Diskussion gilt das Prinzip von Paul Watzlawick auch in langfristig angelegten Erfolgsbeziehungen. Wenn Sie es schaffen, eine echte, authentische, persönliche Beziehung zu den Menschen aufzubauen und zu erhalten, die tagtäglich das Beste geben für die gemeinsame Ziele, steigern Sie dadurch Leistungsfähigkeit, Zufriedenheit, Qualität, Output, Erfolg – und das schönste: es macht auch noch Spaß.

Identität

Unser Wahrnehmungsapparat verfügt über erstaunliche, nahezu wundersame Fähigkeiten. Einer Studie zufolge (2006 – Ingrid Olson, Christy Marshuetz, beide Neurowissenschaftlerinnen) benötigen wir nur ca. 13 Millisekunden, um uns zu entscheiden, ob wir einen Menschen als „kompatibel“ zu uns betrachten oder nicht. Wenige Millisekunden später können wir schon differenzierte Aussagen zu Persönlichkeitsmerkmalen treffen. Was aber noch erstaunlicher ist: Ausgehend von dieser blitzschnellen Vorverurteilung liegen wir in mehr als 95% der Fälle richtig, ganz gleich, wieviel Zeit wir uns noch nehmen und welche rationalen Zusatzinformationen wir im Anschluss erhalten.
Es gibt also keine zweite Chance für den ersten Eindruck? Sieht ganz so aus. Und was heißt das für Geschäftsbeziehungen?

Ganz einfach: Tragen Sie Ihre Werte und Ihre Identität nach außen! So finden Sie Kunden und Partner, die zu Ihrem eigenen Wertekanon und zu Ihren eigenen Vorstellungen passen. Sie verschwenden keine Zeit und keine Energie, einen Eindruck erwecken zu wollen, der nicht Ihrem Inneren entspricht: die effizienteste und damit eleganteste Art der Vermeidung von Reibungsverlusten.

Wir alle suchen Ähnlichkeiten in unserer Umwelt; unser Sozialempfinden ist geprägt von der Anziehung des Gleichartigen. Opposites attract trifft nur für einen kurzen Reiz, einen Peak zu – langfristig führen zu große Unterschiede zu Konflikten, Ablehnung, Trennung. In diesem Umstand sind leider (teilweise) auch Fremdenfeindlichkeit und Rassenhass zu suchen; für diese aber gibt es weit mehr und weit tiefer gehende Gründe als nur die Angst vor dem Unbekannten, Andersartigen.

Vergleichbare Identität durch ähnliche Werte und Moralvorstellungen, im Optimalfall gepaart mit ähnlich ausgerichteten Zielen, bringen Sie und Ihre Kunden zu dauerhaften und fruchtbaren Beziehungen zusammen. Simon Sinek, Autor u.a. von „Start With Why“, führt gern Apple als Beispiel für das „Nach-außen-Tragen“ der Identität und der Werte an: „We challenge the status quo“. Wer würde das nicht wollen? Welcher intelligente Individualist würde das nicht auf seine Fahne schreiben? Und, noch wichtiger: Wer wäre nicht gern intelligenter Individualist? Schon hat man eine Identität, die Begeisterung und Vertrauen, Verbundenheit und Identifikation nicht nur erlaubt, sondern sogar herbeizitiert.

Haben Sie sich schon gefragt: Welche Identität vertreten Sie, vertritt Ihr Unternehmen? Welche Art Mensch kann sich mit Ihren Werten identifizieren? In diese Grundlagen und Werte investierte Zeit ist alles andere als verschwendet, denn: Werte sind nicht verhandelbar. Man kann sich nur wiederfinden, sich auf sie einigen. Sie sind die Basis allen Handelns, insbesondere des gemeinsamen.

Kommunikation

Auf der Grundlage von Unternehmenswerten, die diesen Namen verdienen und einer Identität, auf die Sie und Ihre Mitarbeiter stolz sein können und mit der Identifikation leicht fällt, kann nun die nächste Stufe folgen: Die ordentliche Kommunikation all dieser Dinge. Das Nach-außen-Tragen birgt gleich mehrere Vorteile:

  • Potenzielle Kunden und ebenso Nicht-Kunden erkennen die Qualität und Struktur Ihrer Werte, ehe dieses Herausfinden Sie oder Ihre Geschäftspartner Zeit und Energie kostet. Mit deutlich umrissenen Werten passen Sie entweder zu einem Geschäftspartner oder einem Kunden – oder halt nicht. Dies herauszufinden wird umso einfacher, je intensiver und konsequenter die Werte nicht nur unternehmensintern, son-dern auch nach außen transportiert werden.
  • Auch potenzielle Mitarbeiter können im Vorfeld entscheiden, ob sie für Sie als Unternehmen mit diesen Werten arbeiten wollen – oder nicht. Sind Sie also vielleicht Hersteller biologisch abbaubarer Kaffeekapseln und transportieren dieses Credo in die Welt, so werden sich mutmaßlich nur Mitarbeiter finden, denen Werte wie ökologi-sche Stabilität, Umweltschutz und die Rettung des Planeten etwas bedeuten. Umgekehrt wird Ihr Unternehmen mit diesen Werten ebenfalls genau diese Werte verfolgen. Derartige Beziehungen zwischen Mitarbeiter und Firma weisen in der Regel höchstmögliche Produktivität auf, bei gleichzeitig niedrigem Krankenstand und hoher Zufriedenheitsrate.
  • Ehe wir zum „Wie mache ich das?“ kommen, drängt sich ja doch die Frage auf: Wäre es nicht clever, den Markt zu analysieren und sich als Verfechter der aktuellsten und am meisten Gewinn versprechenden Trends zu vermarkten?

    Keine gute Idee, wenn Sie mich fragen.

    Authentizität

    Ebenso schnell, wie wir Kompatibilität unseres Gegenübers blitzschnell (und auch noch korrekt) einschätzen können, haben wir ein Gespür für Inkongruenzen. Die meisten Menschen, die im Kontakt mit anderen Menschen geübt sind, aber auch die Naturtalente unter uns, weisen eine erstaunliche Fähigkeit auf: als eine Art „zweites Gesicht“ erkennen wir, wenn ein Verhalten nicht stimmig ist. Wenn jemand beispielsweise verbal zustimmt – und gleichzeitig die Stirn runzelt. Oder wenn jemand „Ja“ sagt – und „Nein“ ausstrahlt.

    Daher wäre das Bestreben, sich Werte anzueignen, die einer möglichst großen Anzahl von Menschen, einer möglichst weit reichenden Zielgruppe entsprechen, von vornherein zum Scheitern verurteilt. Nicht nur, dass wir dieses „Vortäuschen falscher Tatsachen“ nicht dauerhaft gewährleisten können, dass wir daher eher früher als später entlarvt werden, nein: Mindestens ebenso schwer wiegt die Tatsache, dass dieses Inkonsistente Verhalten uns Unmengen von Energie abnötigt – Energie, die wegen der o.g. Entlarvung am langen Ende auch noch ungenutzt verpufft!

    Verbiegen Sie sich und Ihre Mitarbeiter nicht, um es einem möglichst großen Publikum recht zu machen. Finden Sie statt dessen Ihre Identität! Verinnerlichen Sie Ihre eigene Vision, kommunizieren Sie diese nach innen und außen. Dadurch verhindern Sie nicht nur die oben erwähnte Energieverschwendung, sondern gewinnen durch die Kongruenz Ihres Handelns mit Ihren Anschauungen, Werten und Visionen Schwung, Kraft und Energie zur Erfüllung Ihrer Mission.

    Fazit

    Was nehmen wir für heute mit?

    Gehen wir mit offenen Sinnen durch das Leben. Nehmen wir unsere Mitmenschen wahr, mit ihren Gefühlen, Bedürfnissen, Herausforderungen, Schwierigkeiten, Eigenarten.
    Seien wir authentisch und tragen unsere Identität nach außen. Nehmen wir offenen Kontakt zu unserer Umwelt auf und vermeiden wir Reibungsverluste, indem wir uns nicht verbiegen.

    Ich wünsche Ihnen einen hervorragenden Start in die Woche,

    viel Erfolg – und bleiben Sie gesund!
    Sven Krinke-Gieser